Text und Bilder: Eckhard Heise
Einen anstrengende Sightseeingtour mit Besichtigungen in Mellrichstadt, Kleinbardorf, Bad Neustadt und zuletzt der Kirchenburg von Ostheim hatte der Hmburger Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs hinter sich, als er abends auch noch beim politischen Ascher“Freitag“ der Kreis-SPD sprechen sollte. Angesichts der derzeitigen Umfragewerte erschienen die Teilnehmer wie befreit und genossen bestgelaunt ein ebenso gut aufgelegtes hanseatisches Nordlicht.
Einen solchen Höhenflug hatte die SPD schon lange nicht mehr erlebt, was sich auch beim Treffen im Hotel Kaak widerspiegelte. Gut inszeniert überreichte Kreisvorsitzender René van Eckert Parteibücher gleich an mehrere neue Mitglieder.
Kurz streifte van Eckert die Lokalpolitik und erinnerte an die Ablehnung der Ehrenamtskarte „nur weil der Antrag von der SPD gekommen ist“. Darüber hinaus forderte er eine Senkung der Kreisumlage, da vielen Kommunen „das Wasser bis zum Hals steht“.
Natürlich führt jeder den Namen Martin Schulz im Munde, wie auch Landtagsabgeordnete Kathi Petersen inspiriert war und gleich von einem Machtwechsel in München träumte. Doch auch Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar sieht die Euphorie, die sich bei Aschermittwochsveranstaltungen in gut gefüllten Sälen widerspiegele.
Eine frische Brise aus dem Norden ging danach durch den Saal, als Johannes Kahrs das Wort ergriff. Mit viel Witz, Spott für den politischen Gegner, Selbstironie und Sachkenntnis löste er Begeisterungsstürme in seiner dreiviertelstündigen Rede aus. Als Haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion sei er fürs Geldausgeben zuständig, „was viel mehr Spaß macht als es einzutreiben“, stellte er sich etwas salopp vor.
Als solcher kenne er die Haushaltssituation des Bundes und nehme die Ankündigung von Schäuble gar nicht mehr ernst, den Menschen das Geld zurückzugeben, weil das inzwischen ein Standartsatz des Finanzministers sei, aber nie umgesetzt worden sei. Dabei „schwimmt der Bund im Geld“.
In diesem Stil ging das weiter. Mehrfach wurden die Ausführungen von Applaus unterbrochen, was wohl auch an dem unorthodoxen Vortrag des Bundestagsabgeordneten gelegen haben mag. Die Zustimmung war ihm aber auch gewiss, wenn er auf Martin Schulz zu sprechen kam, der von manchen schon wie der Messias behandelt werde. Köstlich amüsierte er sich über die überdrehten Huldigungen und fuhr belustigt mit einer typischen Aschermittwochsrede fort.
Es herrschte geradezu Bierzeltstimmung, als er in recht schnodderiger Art mit Umfragezahlen spielte und über die zwiespältige Lage frohlockte, in der sich jetzt Seehofer befindet. Der müsse jetzt nachdem er als scharfer Kritiker aufgetreten ist, Einigkeit mit Merkel spielen, was an der Basis aber gar nicht gut ankomme.
In vollkommen freier Rede machte der rhetorisch brillante Hanseat in langen Argumentationsketten Sachverhalte nicht nur plausibel er steckte mit seiner eigenen Begeisterung auch an. Mit lang anhaltendem Applaus quittierten die Genossen den fulminanten Auftritt.
Erst in der allerdings relativ kurz gehaltenen Fragerunde kehrte der Hamburger zu reiner Sachlichkeit zurück, etwa als Egon Heller die Fachkräfteproblematik ansprach. Punkt für Punkt setzte sich Kahrs mit Folgen und Gründen auseinander, erklärte die SPD-Idee eines dritten Arbeitsmarkts ehe er die Kurve zur Einwanderung nahm, in der ein enormes Potential stecke, das aber durch die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht genutzt werde. Darüber hinaus werde es in Bayern Handwerk und Industrie besonders schwer gemacht, Flüchtlinge als Auszubildende einzustellen, ergänzte Kathi Petersen.
Der Diskussionsteil fiel wohl auch etwas kürzer aus, weil van Eckert gemeinsam mit Sabine Dittmar noch eine hohe Auszeichnung der SPD vornahm. Zum ersten Mal im Landkreis wurde die Helmut-Rothemund-Medaille für außergewöhnlich engagierte langjährige Arbeit vergeben. Das Landespräsidium hatte entschieden, Bad Neustadts dritte Bürgermeisterin, Rita Rösch, diese Ehre zukommen zu lassen.