Kreistagssitzung am 30.März 2022
- es gilt das gesprochene Wort-
Sehr geehrter Herr Landrat Habermann,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung
Kolleginnen und Kollegen,
geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,
meine Damen und Herren,
Mit der heutigen Kreistagssitzung schließen wir die Haushaltsberatungen für das Jahr 2022 ab. Als Fraktion haben wir den Haushaltsentwurf der Verwaltung in mehreren Fraktionssitzungen beraten und analysiert. Für unsere Beratungen standen uns, Herr Landrat Habermann, der Kreiskämmerer Herr Eisenmann und die Arten- und Klimaschutzmanagerin Frau Wolf, Rede und Antwort. Frau Katzenberger für den Bereich ÖPNV war kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen verhindert. Unser Dank gilt den zuvor genannten, dass sie sich die Zeit genommen haben und für unsere zahlreichen Nachfragen zur Verfügung standen.
Dieser Haushalt wird in einer mehr als bewegenden Zeit beraten. Wir befinden uns im Jahr zwei der Corona-Pandemie und vor kurzem startete der russische Präsident einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die souveräne Ukraine. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach zurecht von einem "Zeitenwandel". Dieser Angriffskrieg ist mit nichts zu begründen und der russische Präsident ist ein Kriegsverbrecher. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas brachte es in der Bundesversammlung auf den Punkt. „Krieg kennt nur Verlierer“. Die menschlichen Tragödien sind unfassbar. Als SPD-Kreistagsfraktion möchten wir allen Menschen danken, die die ukrainischen Kriegsflüchtlinge mit offenen Armen empfangen, ihnen Sicherheit geben und durch Geld- und Sachspenden unterstützen. Unsere Botschaft ist klar: Sie sind nicht alleine!
Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass viele der Helferinnen und Helfer hier im Landkreis Rhön-Grabfeld bereits seit 2015 in der Flüchtlingshilfe aktiv sind. Sie sind Menschen, die nicht gefragt werden müssen, sondern einfach da sind. Sie sind Heldinnen und Helden.
Nun möchte ich zum Haushaltsentwurf kommen.
Der französische Dichter Ilnore de Balzac sagte einmal: „Der öffentliche Haushalt ist kein Geldschrank – er gleicht vielmehr einer Bewässerungsanlage. Je mehr Wasser diese gibt, desto besser gedeiht das bewässte Land.“
Dies versucht der vorliegende Haushaltsentwurf ebenfalls. Trotz der angespannten Finanzlage können wir dieses Jahr die Kreisumlage auf dem gleichen Niveau wie im letzten Jahr belassen. Einen größeren Spielraum konnten wir unseren Gemeinden im Landkreis aber nicht geben, zumal wichtige Projekte noch fertigzustellen sind.
Die Tatsache, dass den Gemeinden ein größerer Spielraum gegeben werden müsste, hatten die Gemeinden in ihren Allianzen bereits im vergangenen Jahr auf dem Schirm und daher forderten alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis Rhön-Grabfeld, von der bayerischen Staatsregierung und dem bayerischen Landtag, dass die Grundsteuer C eingeführt werden soll. Dieses Anliegen hätte die SPD-Kreistagsfraktion gerne mit einer Resolution des Kreistages unterstützt aber dort waren die Fraktionen von CSU und Freien Wählern geschlossen dagegen. Im bayerischen Landtag stimmten dann in namentlicher Abstimmung die Abgeordneten von CSU und Freien Wählern gegen die Einführung der Grundsteuer C. Darunter auch der Kreisvorsitzende der Freien Wähler Rhön-Grabfeld, welcher auch Mitglied des Kreistages und des Stadtrates Bad Neustadt ist. Unterstützung für unsere Gemeinden und deren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sieht anders aus!
Positiv sehen wir die Entwicklung bei unseren Gymnasien , der Realschule in Bad Königshofen sowie den weiteren landkreiseigenen Schulen. Die Schulen sind in einem sehr guten Zustand und bieten den Schülerinnen und Schülern eine schulische Ausbildung in bester Umgebung. Investitionen in Schulen sind Investitionen in die Zukunft. Für unsere Jakob-Preh-Berufsschule ist der Neubau des Schülerwohnheimes von elementarer Bedeutung. Nach Angaben der Verwaltung haben wir ab Ende 2023 das Problem, dass die vielen bisher genutzten privaten Appartements nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies ist unserer Fraktion seit langen bewusst, daher fordern wir auch schon wiederholt seit Jahren in den Haushaltsreden, dass der Bau des Wohnheimes Priorität erhält. Leider war dies aber in den letzten Jahren nicht der Fall. Bis heute hat sich der Bau hinausgezögert und nun erleben wir auch hier eine gewaltige Kostensteigerung. Unsere Meinung ist eindeutig: Das Wohnheim wird dringend benötigt, es muss gebaut werden. Wir benötigen einen funktionalen Bau, keinen Schnickschnack und kein Modellprojekt. FUNKTIONAL!
Um unseren Landkreis zukunftssicher zu machen gehört auch, dass wir die Herausforderungen, die uns im Wettbewerb mit anderen Regionen gestellt werden, annehmen. Hierzu gehört zum einen, dass wir uns pro-aktiv dem Klimawandel stellen. Auf unseren Antrag hin mit dem Titel „Wir machen den Landkreis Rhön-Grabfeld fit für den Klimawandel“ vom 6. Oktober 2019, wurde die Einführung eines Arten- und Klimaschutzmanagements beschlossen. Bei der Erstellung eines solchen Konzeptes sind nun die ersten Schritte getan und wir erwarten eine zügige Umsetzung. Uns als SPD-Kreistagsfraktion ist es wichtig, dass wir hierfür alle vorhandenen und geeigneten Kräfte und Köpfe im Landkreis bündeln, an einen Tisch bringen und gemeinsam etwas Gutes erarbeiten. Den ganzen Vorgang an ein auswärtiges Fachbüro eigentlich ausschließlich aufgrund der Förderung zu vergeben, sehen wir kritisch, zumal wir da über eine Gesamtsumme von ca. 180.000 Euro für die Erstellung durch ein Fachbüro reden werden. Sehr wichtig ist uns auch, dass in diesen Prozess die einzelnen Gemeinden im Landkreis eingebunden sind. Der Klimawandel ist nur als Gemeinschaftsaufgabe händelbar. Auch sollten wir uns hierbei nicht zwingend von staatlichen Förderungen abhängig machen. Wir müssen das Konzept aufstellen, welches für unseren Landkreis am besten ist. Auch sollten wir auf die Staatsregierung den politischen Druck erhöhen und den Ausbau der erneuerbaren Energien forcieren. Der Angriffskrieg von Putin zeigt uns doch, dass die Abhängigkeit von Gas und Kohle endlich enden muss. Die 10H-Regelung zur Verhinderung des Ausbaus der Windenergie in Bayern muss fallen. Finanzminister Lindner brachte es auf den Punkt: „Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.“
Einen großen Anteil zum Klimaschutz trägt auch der ÖPNV bei. Dieser muss endlich so aufgestellt werden, dass man in Rhön-Grabfeld auch von einem ÖPNV sprechen kann. Allerdings werden Landkreise wie unserer seit Jahren hier von der bayerischen Staatsregierung und der sie tragenden Fraktionen von CSU und Freien Wählern immer wieder im Regen stehen gelassen. Die staatlichen Förderungen werden gekürzt und die verbleibende Förderung überwiegend in die Metropolen vergeben. Der Verfassungsgrundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse in Bayern wird somit nicht beachtet. Wir fordern daher die bayerische Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen auf, endlich aktiv zu werden. Im Landkreis Rhön-Grabfeld wurden eigene Modelle entwickelt. So wurde u.a. das Pilotprojekt „Grabfeldstern“ erarbeitet. Auch dieses Modell leidet unter der gekürzten staatlichen Förderquote. Nun stellt sich für uns als Kreistag die Frage, ob das Pilotprojekt in unserer Lage noch finanzierbar ist oder nicht. Die SPD-Kreistagsfraktion ist noch nicht bereit, das Pilotprojekt aufzugeben, aber eines ist auch klar: Ohne die Unterstützung aus München ist dieses Projekt nicht umsetzbar. Wir appellieren daher an die bayerische Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen: Vergessen sie den ländlichen Raum nicht!
Das Azubi-Shuttle wurde sehr gut angenommen und sollte fortgesetzt werden. Nun läuft die Bundesförderung für dieses Projekt aus. Dies konnte auch die Nutzung des Azubi-Shuttle für den Bundestagswahlkampf der Abgeordneten Bär und der damaligen Landwirtschaftsministerin Klöckner nicht verhindern. Übrigens wurde das Aus der Förderung nach dieser Wahlkampftour mitgeteilt. Also, vorsicht Ironie, ein voller Erfolg diese Tour. In unserer letztjährigen Haushaltsrede haben wir uns bereits für eine Verstetigung des Azubi-Shuttle ausgesprochen. Wir unterstützen daher den Vorschlag, das Projekt auch ohne Förderung weiterzuführen und für dieses Jahr 150.000 Euro und in der weiteren Finanzplanung mit dem entsprechenden Finanzrahmen auszustatten.
Um unseren Landkreis zukunftssicher zu gestalten, muss man natürlich auch nach Optimierungsmöglichkeiten auf der Ausgabenseite schauen. Uns ist erneut aufgefallen, dass viele Bauprojekte im Vergleich zu den Planungen erneut einen starken Kostenanstieg zu verzeichnen haben. Das Schülerwohnheim habe ich schon angesprochen. Aber auch im Bereich Kultur ist dies aufgefallen. Die Kosten für das Rhönmuseum und das Depot in Mellrichstadt sind enorm angestiegen. Hier erwarten wir zeitnah eine detaillierte Begründung für die gestiegenen Kosten. Zudem liegen das Depot und auch das Rhönmuseum weit hinter dem eigentlich präsentierten Zeitplan.
Beim Straßenbau ist uns der Kostenanstieg besonders aufgefallen. Dies haben wir im letzten Jahr ebenfalls schon angesprochen. Überrascht sind wir darüber, dass für die noch nicht geplante und final vorgestellte Planung der Umgehung am Kreuzberg 1,6 Millionen Euro in die Finanzplanung für die kommenden Jahre gestellt und andere Straßenprojekte zunächst zurückgestellt worden sind. Die Straßenbaumaßnahme am Kreuzberg ist noch nicht beraten und beschlossen. Zudem gibt es keine belastbaren Kostenschätzungen. Wir stellen die zwingende Notwendigkeit dieser Maßnahme in Frage und beantragen diese Maßnahme aus der weiteren Finanzplanung herauszunehmen.
Ebenfalls sehr kritisch sehen wir die Kostensteigerungen beim Umbau Kolpingstraße 18. Hier wurde mit 1,5 Millionen Euro geplant, nun sind wir bei 4,23 Millionen Euro.
Trotz der nicht gerade entspannten Haushaltslage sollte der Landkreis nicht an den freiwilligen Ausgaben, welche zum Nutzen aller sind, sparen. Wir begrüßen es sehr, dass das Programm zur Förderung der Schwimmfähigkeit, auf Basis unseres Antrages, fortgesetzt wird und auch von der Bevölkerung so gut angenommen wird. Die Auszahlungen aus dem Corona-Sondertopf konnten den betreffenden Einrichtungen und Organisationen helfen und die Verdopplung der Vereinspauschale hat sich ebenfalls gelohnt. Wir fordern daher, dass dieser Corona-Sondertopf für das Jahr 2022 mit zusätzlich 250.000 Euro ausgestattet wird. So können u.a. die noch zustimmungsfähigen Anträge für die eingesetzte Jury zur Verwendung des Corona-Sondertopfes beschlossen werden. Ebenso fordern wir, wie bereits in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Schule, Sport und Gesundheit beantragt, auch im Jahr 2022 die jeweilige Vereinspauschale von Seiten des Landkreises zu verdoppeln.
Sehr geehrter Herr Landrat,
Kolleginnen und Kollegen,
wir müssen, um unseren Landkreis für die Zukunft gut aufzustellen, auch die medizinische Versorgung im Blick haben. Die Altersstruktur der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ist eindeutig zu hoch und bereits heute werden immer wieder Praxen mangels Nachfolge geschlossen. Mit unserem MVZ versuchen wir seit Jahren die fehlenden Fachärzte auszugleichen. Dies gelingt aber nur zum Teil. Zudem planen wir in jedem Haushalt mit einem Defizit von mindestens 600.000 Euro. Hier müssen wir dringend miteinander ins Gespräch kommen und nach Lösungsansätzen suchen. Hier ist auch die bayerische Staatsregierung gefordert. Für die SPD-Kreistagsfraktion kann ich versichern, dass wir unsere Verbindungen in die Bundespolitik und in das Bundesministerium für Gesundheit gerne nutzen werden. Allerdings müssen wir als Kreis auch unsere Hausaufgaben in dieser Thematik machen. Wir sollten uns zunächst darüber einig werden, wie wir das MVZ zukunftssicher aufstellen und was wir mit ihm abdecken wollen. Auch dies ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Die SPD-Kreistagsfraktion ist für eine konstruktive Zusammenarbeit bereit.
Sehr geehrter Herr Landrat,
Kolleginnen und Kollegen,
gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein paar Bemerkungen, die nicht unmittelbar mit dem Haushaltsentwurf in Zusammenhang stehen. Die letzten Monate haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass unsere Demokratie wehrhaft und standhaft ist. Die Demokratie, nicht nur in unserem Land, wird von innen und außen angegriffen. Im Inneren nutzen derzeit immer wieder Querdenker die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen, um Fake-News und Lügen aber auch um Angst zu verbreiten. Hierbei fallen immer wieder die Rufe wie „Friede“, Freiheit“ und „Corona-Diktatur“.
Bundespräsident Steinmeier brachte es auf den Punkt in dem er sagte: „Wenn sog. Spaziergänger von einer Corona-Diktatur schwurbeln, dann steckt darin nicht nur Verachtung für staatliche Institutionen. Sondern das beleidigt uns alle! Denn wir alle sind diese Demokratie! Wir alle ringen darum, das Richtige zu tun in dieser zermürbenden Pandemie.“
Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Wir als SPD lassen nicht zu, dass eine kleine Minderheit unsere Gesellschaft spalten will und unsere Demokratie verächtlich macht. Diese Wehrhaftigkeit ist in unserer Partei-DNA verankert, seit über 150 Jahren.
Die SPD-Kreistagsfraktion stimmt dem vorgelegten Haushaltsentwurf zu, gleichzeitig bitten wir um Zustimmung unserer Änderungsanträge. Bei der weiteren Finanzplanung beantragen wir die Streichung der 1,6 Millionen Euro für die noch nicht beschlossene und beratene Straßenbaumaßnahme am Kreuzberg.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.