Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
für die Fraktion der SPD möchte ich Stellung nehmen zum Haushaltsentwurf des Landkreises Rhön-Grabfeld für das Jahr 2016.
Unsere diesjährige Haushaltsberatung fällt in eine Zeit, in der das beherrschende Thema nicht unser Finanzsystem ist, sondern die Bewältigung eines enormen Flüchtlingsstroms. Dieser hat neben seiner menschlichen und weltpolitischen Dimension auch eine Auswirkung auf die öffentlichen Haushalte, wenngleich unsere Ausgaben vor Ort in der Regel durch Einnahmen in gleicher Höhe von Bund und Land gedeckt werden.
Trotz dieser Herausforderungen ist unsere Fraktion insgesamt von einer zuversichtlichen Stimmung geprägt. Diese ist vor allem den vielen ehrenamtlichen Helfern, einer guten wirtschaftlichen Lage mit hohen Steuereinnahmen und dauerhaft niedrigen Arbeitslosenzahlen geschuldet.
Das Jahr 2016 verspricht bei den wichtigsten Steuereinnahmen ein Rekordjahr zu werden. Diese Entwicklung ist erfreulich, wir sollten uns jedoch nicht daran gewöhnen. Wie schnell können Steuereinnahmen oder auch Arbeitsplätze wegbrechen! Das hat uns die Vergangenheit und auch die erneute Ankündigung von Siemens aufgezeigt. Deshalb ist es wichtig, in guten Zeiten erforderliche Investitionen zu tätigen und dabei immer die Verschuldung im Auge zu behalten.
Lassen Sie mich stichpunktartig auf die wichtigsten Themen eingehen:
Werte Kreistagskolleginnen und Kollegen, in den kommenden Jahren werden wir die Frage zu beantworten haben, wie Zusammenleben und Integration für alle Seiten nachhaltig funktionieren kann. Unser Land leidet unter dem demographischen Wandel und daher sehen wir in der Flüchtlingsfrage auch eine Chance für die Zukunft unseres Landkreises. Als Fraktion und als Partei stehen wir für eine Kultur des Miteinanders, für eine Kultur des gegenseitigen Respekts und für eine moderne und bunte Gesellschaft. Die Bilder aus Clausnitz und Bautzen schockieren und mahnen uns. Was dort und an anderen Orten passiert, ist nicht die Angst vor dem Fremden, dem Neuen, sondern eine breite Form von Rassismus und nicht zu erklärendem Hass. Wir alle sind dazu aufgerufen, diesem Protest den Nährboden zu entziehen. Allen, die meinen, dass Flüchtlinge nur Kosten verursachen, sei gesagt, dass wir derzeit eine Art Konjunkturprogramm erleben, das durchaus ausbaufähig ist, aber schon jetzt zusätzliche Arbeitsplätze und steigende Einnahmen in der Binnenwirtschaft mit sich bringt.
Aus Zeitgründen möchte ich jetzt nicht auf die Flüchtlingspolitik von Bund und EU eingehen, aber erlauben Sie mir einen persönlichen Kommentar: Wir alle hier können glücklich sein, in diesem reichen und seit 70 Jahren friedlichem Land geboren zu sein. Das ist kein Verdienst und jeden von uns hätte es anders treffen können. Es ist nachvollziehbar, wenn ein nicht so privilegierter Mensch versucht, sein Leben zu verbessern oder zu retten. Daher empfinde ich tiefen Respekt dafür, welche Gefahren Menschen für sich und für ihre Familien eingehen. Diese Menschen gehen Tausende von Kilometern zu Fuß durch Kälte und auf schlechten Wegen. Nichtschwimmer steigen in hoffnungslos überladene Boote, wohlwissend um die Gefahr des Ertrinkens. Dabei tragen sie meist nur ihre Kleider und die Hoffnung auf eine bessere, eine friedliche Zukunft mit sich. Ich glaube, diese Verzweiflung können wir uns nicht einmal ansatzweise vorstellen. Das alles tut niemand freiwillig! Im Namen meiner Fraktion möchte ich hier und heute die Gelegenheit nutzen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und den vielen ehrenamtlich tätigen Helferinnen und Helfern unseren großen Dank und unsere Anerkennung für die geleistete Arbeit auszusprechen.
Die große Hilfsbereitschaft von jung und alt, die Willkommenskultur der Bürgerinnen und Bürger in unserem Landkreis haben mich und meine Fraktion tief beeindruckt. Wir können das Erlebte nicht vergessen machen, aber wir können gemeinsam dazu beitragen, dass sich die Flüchtlinge in unserem Landkreis angekommen und angenommen fühlen. Unsere Fraktion stellt daher zur Diskussion, dass wir über die Pflichtausgaben hinaus einen Betrag in der Größenordnung von 50.000 Euro in den Haushalt einstellen, um noch etwas mehr Unterstützung anbieten zu können, z.B. für zusätzliche Deutsch-Kurse. Dies wäre eine kleine Geste im Vergleich zu dem unbezahlbaren ehren-amtlichen Engagement, das die Hilfe gegenüber den Flüchtlingen seit vielen Monaten auch in unserem Landkreis maßgeblich prägt.
Ehrenamtliches Engagement ist für die SPD-Kreistagsfraktion das Herz und die Seele unserer bürgerlichen Gesellschaft. Was Menschen hier leisten, kann durch keinen Haushalt, keine Schlüsselzuweisung und keine Steuermehreinnahmen ausgeglichen werden. Der Haushalt wird getragen durch die Finanzkraft des Bundes, der Länder, der Steuerzahler und unserer Unternehmen. Die Gesellschaft wird getragen durch das ehrenamtliche Engagement der Menschen. Deshalb ist nicht nachvollziehbar, dass die Mehrheit der Kreisräte die Einführung einer Ehrenamtskarte bisher abgelehnt bzw. hinausgeschoben hat. Das ist vergleichbar mit dem Bau der NES 20: Weil der Vorschlag von der SPD kommt, wird er erstmal abgelehnt oder verschoben, obwohl es keinerlei stichhaltige Argumente für eine solche Ablehnung gibt.
Wenn Ihnen, Herr Landrat und den Kreisräten der Mehrheitsfraktion, alles andere, z.B. neue Gebäude, Museen, Denkmalschutz oder Kultur wichtiger erscheint als die Anerkennung der ehrenamtlichen Tätigkeiten unserer Kreisbürger, dann finde ich das beschämend.
Ich frage jetzt die anwesenden Kreisräte: Sind uns die Ehrenamtlichen in den Sport- oder Musikvereinen, bei der Feuerwehr, beim Roten Kreuz, in den kirchlichen und caritativen Verbänden diese mit wenig Kosten verbundene Anerkennung nicht wert? Ein Ja/Aber ist für unsere Fraktion nicht ausreichend. Wir möchten heute ein klares Bekenntnis und die Einstellung der erforderlichen Mittel in den vorliegenden Haushaltsentwurf.
Nach Ablehnung unseres Antrags wurde uns ein Konzept bis zu den Haushaltsberatungen zugesagt, was aber heute nach über einem Vierteljahr noch nicht vorliegt. Dieses fordern wir bis zur nächsten Kreistagssitzung ein, ansonsten werden wir unseren Antrag erneut stellen.
Durch eine nicht nachvollziehbare Hinauszögerung des Baubeginns hat man den Bürgern von Herschfeld, den Beschäftigten, den Patienten und Besuchern des Rhönklinikums, dem täglichen Lieferverkehr und den Rettungsdiensten unnötige Belastungen zugemutet, für die wir keinerlei Verständnis aufbringen.
Unsere Fraktion freut sich, dass nun nach vielen Jahren die Erkenntnis gesiegt hat, dass der Bau der NES 20 notwendig und richtig ist. Nach unserem Willen wäre diese Straße schon längst gebaut worden und hätte bei den jetzt laufenden Baumaßnahmen für Entlastung gesorgt.
Das Interesse an der Politik – auch auf kommunaler Ebene – sinkt immer weiter. Demokratie ist für uns wohl so selbstverständlich, dass man sie nicht mehr pflegen muss. Häufig erleben wir, dass die Möglichkeit der Einflussnahme an der Frage der Lautstärke hängt. Je lauter man schreit, desto größer ist der Artikel in der Zeitung, desto schneller findet man Gehör. Wie verpflichtet sind wir aber denjenigen, die nicht anrufen, keinen Leserbrief schreiben, in keine Sprechstunde und zu keinem Ortstermin kommen, uns weder schreiben noch wählen gehen? Denjenigen also, die nichts einfordern? Auch hier und heute wollen wir stellvertretend für die Menschen in der Region handeln, obwohl wir oft nicht wissen, was diese wirklich bewegt. Welche Konsequenzen sollten wir ziehen?
Es führt kein Weg an neuen und kreativen Beteiligungsformen für unterschiedliche Zielgruppen vorbei. Leider haben wir auch für unser letztes Ratsbegehren keine Mehrheit bekommen. Die Entscheidung für den Verkauf unserer Kreisklinik wäre wahrscheinlich gleich ausgegangen, aber die Bevölkerung hätte sich eingebunden gefühlt.
Die SPD hat eine klare Position zum Thema Kreisumlage und fordert für das Jahr 2016 eine Absenkung der Kreisumlage auf 47,3% und nicht - wie im Haushaltsentwurf vorgesehen - auf lediglich 48,0%. Begründung: 1.) Wir alle kennen die Finanzierungsprobleme vieler Kommunen in unserer Region. Einige Kommunen beantragen sogar Stabilisierungshilfe, wie z.B. Bad Königshofen. Nutzen wir also die guten Zeiten niedriger Arbeitslosenzahlen und einer florierenden Wirtschaft. Lassen wir den Kommunen die Luft zum Investieren, denn das kommt auch dem Landkreis und seiner Bevölkerung zu Gute.
2.) Die Umlagekraft der Kommunen erhöht sich heuer um 6,1 Mio. Würde man die Kreisumlage bei 49,4% belassen, dann müssten unsere Gemeinden und Städte in diesem Jahr 2,99 Mio mehr an den Kreis bezahlen. Bei einer vorgesehenen Senkung auf 48,0% sind dies immer noch 1,99 Mio. Wenn man die erhöhten Einnahmen aber jeweils zur Hälfte den Kommunen und dem Landkreis zukommen lassen würde, dann ergäbe sich rechnerisch eine Senkung der Kreisumlage auf 47,3%. Der Landkreis würde dann statt wie im Vorjahr 32,07 Mio immer noch 1,5 Mio € mehr bekommen und zwar 33,57 Mio.
3.) Nachdem der Kreistag die Anträge der SPD für die Einführung eines Sozialtickets und auch der Ehrenamtskarte abgelehnt hat, könnten unsere Städte und Gemeinden dann in diesen Bereichen tätig werden. Wir stellen daher den Antrag auf eine Senkung der Kreisumlage und bitten dafür um Ihre Unterstützung.
Herr Landrat, meine Damen und Herren, Bildung und Weiterbildung sind unbestritten zentrale Kernfragen der regionalen Entwicklung für die kommenden Jahrzehnte. Begrüßenswert ist, dass auch in Zukunft in unsere kreiseigenen Schulen investiert wird. Industrie, Handwerk und Dienstleistung funktionieren nicht ohne eine solide Bildung. Diese bieten wir hier im Landkreis an. Unsere Berufsschulen sind gut aufgestellt. Die anstehende Generalsanierung der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen ist wichtig. Diese Schule besitzt ein Alleinstellungsmerkmal und ist ein großartiges Aushängeschild des Landkreises. In Unterfranken gibt es keine annähernd vergleichbare Schule. Wir begrüßen deshalb die geplanten Investitionen.
Handlungsbedarf sehen wir bei der Umweltpolitik. Im Bereich Elektromobilität oder bei der Schonung unserer Ressourcen sollten wir stärker als bisher die Möglichkeiten vor Ort wahrnehmen! Es ist kein Geheimnis, dass neben Krieg und Terror in Zukunft das Klima die Fluchtursachen stark beeinflussen wird. Als eines der wohlhabendsten Länder der Welt ist es unsere Pflicht, mit den vorhandenen Ressourcen sparsam umzugehen. Nehmen wir als Kreis deshalb unsere Vorbildfunktion wahr und investieren weiter in Energieeinsparmaßnahmen bei den Gebäuden des Landkreises. Im Bereich Elektromobilität benötigen wir flächendeckend Ladestationen. Damit schützen wir nicht nur unsere Umwelt, sondern fördern die Wirtschaft, speziell die Automobilindustrie.
Wir beantragen deshalb: 1. Antrag: Erstellung eines nachhaltigen Energieeinsparkonzepts für die landkreiseigenen Gebäude, das den Verbrauch Jahr für Jahr senkt. 2. Antrag: Die SPD fordert, dass die Fahrzeugflotte des Landkreises Stück für Stück auf Elektrofahrzeuge umgestellt wird.
Für uns als SPD ist der Bereich Soziales innerhalb des Kreishaushalts mit der Wichtigste überhaupt. Für uns gilt das Solidarprinzip. Egal, ob es Neuankömmlinge sind oder Menschen, die schon lange hier leben: Wir setzen uns für die Schwächeren ein! Leider wurden in der Vergangenheit alle Anträge der SPD abgelehnt, die sich auf sozialen Ausgleich bezogen haben. Das Sozialticket für den ÖPNV ebenso wie die Verbesserung der Jugendsozialarbeit an Schulen. Im Jugendamt und im Sozialamt herrscht schon seit längerer Zeit personelle Unterbesetzung. Im Stellenplan ist zwar eine Personalerhöhung vorgesehen, aber diese Stellen sind nicht besetzt worden. Die Mitarbeiter in diesen beiden Bereichen sind schon längst an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. Für Präventionsarbeit bleibt da wenig Zeit! Unsere Fraktion hat daher den Eindruck, dass soziale Bereiche nicht so wichtig sind, wie z.B. Kreisentwicklung, Denkmalschutz oder Kultur.
Beispiele: Die Beitragszahlungen für Mitgliedschaften im Bereich der Wirtschaftsförderung steigen von 500 auf 2.600 Euro an.
Zuschüsse für das Bruder-Franz-Haus von 27.000 auf 30.000 Euro, obgleich uns das Gebäude nicht einmal gehört.
Der Zuschuss für das Theater Maßbach steigt, unsere Theatergruppen im Landkreis gehen dabei leer aus.
Der Zuschuss für Kunstrasenplätze, der im letzten Jahr gestrichen wurde, steht für 2017 wieder im Investitionsplan usw.
Landrat Habermann hat bei unseren Haushaltsberatungen festgestellt: Wir müssen wissen, was wir uns leisten wollen! Wollen wir uns weiterhin ein MVZ leisten? Unsere Fraktion vertritt die Auffassung: Ja – wir wollen uns solche medizinischen Zentren leisten, damit wir eine flächendeckende gesundheitliche Versorgung unserer Bevölkerung gewährleisten können. Die hohe Bezuschussung mit mehr als 300.000 Euro pro Jahr darf aber kein Dauerzustand werden. Hier muß nach geeigneten Konzepten gesucht werden, um diese finanzielle Belastung drastisch zu reduzieren. Auch ist es uns „wert“, dass wir unsere Gynäkologen und Hebammen bei ihrer Haftpflichtversicherung noch einmal finanziell unterstützen. Aber spätestens im kommenden Jahr, wenn die Übergangsphase zu Ende geht, ist diese Bezuschussung nicht mehr vertretbar. In diesem Zusammenhang möchten wir den Landrat und die Verwaltung auffordern, Konzepte zu erarbeiten, was mit den alten Gebäuden der Kreisklinik geschehen soll und wie eine Nachnutzung aussehen könnte. Damit dürfen wir keinesfalls noch länger warten!
„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, diese zu gestalten und dabei den sozialen Frieden nicht außer acht zu lassen“, sagte Willy Brandt.
Genau das müssen wir tun. Alle vorgenannten Maßnahmen können dazu dienen, unseren Landkreis attraktiver und zukunftsfähig zu machen.
Die Einwohnerzahl kann nur gehalten oder gesteigert werden, wenn auch die Infrastruktur stimmt. Dazu gehören eine gute Verkehrsanbindung, zukunftsfähige Schulen sowie eine herausragende medizinische Versorgung. Diese Einrichtungen kommen allen Einwohnerinnen und Einwohnern des Landkreises zu gute.
Zum Schluss bleiben mir Worte des Dankes. Die SPD-Fraktion bedankt sich bei allen Institutionen, Initiativen, Vereinen, Bürgerinnen und Bürgern, die durch ihr Engagement und ihre Anregungen unsere Arbeit unterstützen.
Ein herzliches Wort des Dankes gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung, der landkreiseigenen Betriebe und Gesellschaften für ihre gute und kompetente Arbeit zum Wohle unseres Landkreises.
Die SPD - Fraktion wird dem Haushaltsentwurf, der aus unserer Sicht falsche Prioritäten setzt, nur zustimmen, wenn unsere Vorschläge und Forderungen aufgegriffen und ihren Niederschlag im Haushaltsjahr 2016 finden werden
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.