Sehr geehrter Herr Landrat Habermann,
die SPD-Kreistagsfraktion Rhön-Grabfeld stellt folgenden Antrag:
Die Verwaltung wird beauftragt für die kommunalen Vergabeverfahren ein System zu entwickeln, das soziale und ökologische Kriterien bei öffentlichen Auftragsvergaben berücksichtigt. Die Verwaltung wird beauftragt die Kriterien zu erarbeiten und dem Kreistag zur Beratung vorzulegen. Dies ist danach als kommunale Vergabeordnung des Landkreises Rhön-Grabfeld zu beschließen.
Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:
Die Verwaltung nimmt künftig bei jeder Vergabe von Dienstleistungen die Anwendung von Tarifverträgen und die Tariftreue der ausführenden Unternehmen und beteiligter Nachunternehmen als Ausführungskriterium (§ 128 Abs. 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) auf.
Die Zuschlagskriterien sozialer und ökologischer Art können in der Vergabeordnung entsprechend dem Stellenwert gewichtet werden.
Die Verwaltung berichtet dem Kreistag Rhön-Grabfeld jährlich im Kreisausschuss über die Anwendung der sozialen und ökologischen Kriterien bei Vergaben. Werden die sozialen und ökologischen Kriterien bei einzelnen Vergaben nicht angewendet, ist dies dem Kreistag Rhön-Grabfeld über den Kreisausschuss zu begründen.
Die Einhaltung der Vergabekriterien durch die Unternehmen wird durch den Kreisausschuss stichprobenartig überprüft.
Begründung:
Der Freistaat Bayern hat kein eigenes Tariftreue- und Vergabegesetz. Dementsprechend gelten die europäischen und bundesdeutschen Rahmenbedingungen. Für Aufträge unterhalb der Schwellenwerte (überwiegend kommunale Vergaben) sind hierbei die wesentlichen Vorgaben für Bauaufträge und Konzessionsvergaben (EU-Schwellenwert 5.350.000 Euro netto), kommunale Dienst- und Lieferaufträge einschließlich freiberuflicher Leistungen (EU-Schwellenwert 214.000 Euro netto).
Der Landkreis Rhön-Grabfeld trägt daher große gesellschaftliche Verantwortung bei der Vergabe von Aufträgen. Viele Aufträge werden an Unternehmen aus der Region vergeben und sichern so Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort. Mit seiner wirtschaftlichen Kraft muss der Landkreis Rhön-Grabfeld auch für gute Arbeitsbedingungen eintreten. Die Tarifverträge haben nicht nur Vorteile (Entlohnung, Arbeitsbedingungen) für die einzelnen Beschäftigten, sondern auch gesamtgesellschaftlich.
Damit wird aktiv Abstiegsprozessen in Armut und mangelnde Teilhabe entgegengewirkt. Es werden höhere Beiträge für die Sozialversicherungen gezahlt, ebenso führen sie zu höheren Steuereinnahmen, die den Kommunen wieder zur Verfügung stehen. Daher muss bei Vergaben von Lieferungen und Leistungen in jedem Einzelfall dafür gesorgt werden, dass die ausführenden Unternehmen die branchenweiten Tarifbedingungen erfüllen.
Es geht außerdem darum, gut zahlenden Firmen dadurch keine Nachteile bei der Auftragsvergabe entstehen zu lassen. Wenn, wie bisher, überwiegend das billigste Angebot den Zuschlag erhält bevorteilt diese Praxis Firmen, die ihre Mitarbeitenden möglichst schlecht bezahlen. Volkswirtschaftlich ist klar, dass das billigste Angebot lange nicht das wirtschaftlichste Angebot ist.
Die in den Tarifverträgen ausgehandelten Bedingungen sind die Mindestbedingungen, die alle Marktteilnehmemenden erfüllen können. Der Wettbewerb wird dadurch nicht beschränkt. Wirtschaften findet im Kontext endlicher Ressourcen und Klimawandel statt. Daher sind Kriterien zu Umweltschutz und Ressourcenschonung bei der Vergabe ebenfalls zu berücksichtigen.
Bislang gibt es in der Verwaltung keine allgemeingültige Vergabeordnung, die ämterübergreifend Anwendung findet. Es ist Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung und ihrer gewählten Vertretung, dem Kreistag Rhön-Grabfeld, eine kommunale Vergabeordnung in Zusammenarbeit mit der Verwaltung festzulegen.